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Funktion verfügbar in CINEMA 4D Prime, Visualize, Broadcast, Studio & BodyPaint 3D

Koordinatensystem

Hier legen Sie fest, in welchem Koordinatensystem Sie eine Aktion ausführen wollen, im Objekt- oder Welt-Koordinatensystem.

Nicht alle Werkzeuge lassen beide Koordinatensysteme zu. So können zum Beispiel die Objektachsen nur im Objekt-Koordinatensystem skaliert werden.

Das Objekt-Koordinatensystem ist das lokale System eines Objekts, welches im Editor durch die farbigen Achsen X (Rot), Y (Grün) und Z (Blau) dargestellt wird. Jedes Objekt in Cinema 4D besitzt ein solches Objekt-Koordinatensystem.

Das Welt-Koordinatensystem ist das allen Objekten übergeordnete Koordinatensystem. Es wird visuell in der Ansicht durch die Weltachse und das Weltraster (liegt in der XZ-Ebene des Welt-Koordinatensystem) dargestellt. Die Y-Achse zeigt stets nach oben (in Richtung Himmel, wenn Sie so wollen). Das Welt-Koordinatensystem ist unverrückbar.

Intern arbeitet Cinema 4D primär mit dem HPB-System. HPB sind Abkürzungen für Heading, Pitch und Bank (es lassen sich allerdings auch beliebige Drehreihenfolgen einstellen (s. Reihenfolge)).

Diese Begriffe sind Ihnen vielleicht schon von Flugsimulatoren geläufig. Wenn ein Flugzeug nach rechts/links fliegt, ändert es den Heading-Winkel. Kippt es nach oben, z.B. beim Start, ändert es den Pitch-Winkel. Fliegt es eine Rolle, ändert es den Bank-Winkel.

Hinweis:
Beim Modellieren, also dem Drehen, Verschieben und Skalieren von Punkten, Kanten und Polygonen gelten ausschließlich die Einstellungen der Modellierachse, unabhängig davon, welches Koordinatensystem (Welt-, oder Objekt-Koordinatensystem) Sie definieren.

Wenn Sie sich beim Ändern der Winkel einfach ein Flugzeug vorstellen, haben Sie immer die Bedeutung der drei Winkel vor Augen.

Sicher werden Sie fragen, warum nicht einfach die Drehwinkel um die drei Objektachsen X, Y und Z genommen werden? Die Antwort liegt in der Mathematik begründet. Mathematisch gesehen bilden die Drehungen um die Objektachsen eine nicht kommutative Gruppe, d.h. es ist ein Unterschied, ob Sie erst um die X-Achse und dann um die Y-Achse drehen oder erst um die Y-Achse und danach um die X-Achse. Bei gleichen Drehwinkeln kommen unterschiedliche Objektlagen heraus. Somit kommt dieses System für die Animation nicht in Frage.

Im HPB-System dagegen sind die Winkel entkoppelt, d.h. Sie können erst Heading verändern und dann Pitch oder umgekehrt. Außerdem ergeben sich durch diese Winkel gerade für Objekte wie Flugzeuge, Autos oder Kameras besonders natürliche interpolierte Bewegungen, da das HPB-System dem natürlichem Bewegungsverhalten entspricht.

Wenn Sie im XYZ-System um eine bestimmte Achse drehen, kann es sein, dass alle drei HPB-Komponenten verändert werden. Das Resultat kann eine torkelnde Animation sein. Haben Sie das HPB-System aktiviert, passiert so etwas nicht.

So schön das HPB-System für die Animation ist, ebenso untauglich ist es für die Objektkonstruktion. HPB-Winkel werden bezüglich des Übersystems angegeben, was ein hohes Abstraktionsvermögen abverlangt.

Zu guter Letzt

Wenn Ihnen dieser Abschnitt sehr kompliziert vorgekommen ist, dann haben Sie recht. Die Winkelsysteme sind nicht leicht zu verstehen. Aber Cinema 4D hat als eines der wenigen Programme sowohl Objekthierarchien als auch lokale Koordinaten konsequent integriert.

Andere Programme machen überall Abstriche an der Funktionalität. Entweder besitzen sie keine echten Objekthierarchien, haben einen komplett getrennten Modeller und Animationspart (die nur umständlich zusammenarbeiten), oder sie haben größere Probleme bei der Erzeugung komplexer hierarchischer Animationen. Wir haben uns bei der Implementierung vorwiegend an High-End-Produkten orientiert und gleichzeitig unsere langjährige Erfahrung mit Modellern und Raytracing-Produkten einfließen lassen. Wir denken, dass wir insgesamt ein homogenes Konzept in Cinema 4D integriert haben.

Bei aller Theorie, bleibt das beste Mittel immer noch das eigene Ausprobieren zum Kennenlernen der verschiedenen Funktionen!

Warum überhaupt Euler-Winkel?

Wir wollen Ihnen an dieser Stelle einmal die Notwendigkeit des HPB-Systems an einem einleuchtenden Beispiel vor Augen führen.

Viele Anwender haben das Problem, dass Drehungen um die Z-Achse bzw. den Bank-Winkel im Objektsystem erfolgen, wohingegen die Drehungen um Y- und X-Achse bzw. Heading und Pitch immer im Weltsystem erfolgen. Spätestens bei der Animation nützt selbst das Umschalten auf XYZ-Drehungen nichts mehr, Cinema 4D benutzt dann grundsätzlich das HPB- System.

Wie bereits erwähnt, ist das HPB-System ein sog. Euler-System. Das bedeutet, dass sich die Winkel grundsätzlich nicht mehr auf die Achsen des Objektsystems beziehen.

Betrachten wir ein Beispiel:

Es existiert ein Objektsystem mit dem Winkel

0/0/0.

Zunächst führen wir eine Drehung um Heading 30° durch, d.h. X- und Z-Achse des Objektsystems sind nun gegen die X- und Z-Achse des Weltsystems verdreht. Wir bezeichnen nun die Lage der neuen Achsen mit X‘ und Z‘. (Y ist mit Y identisch.)

Ein Pitch um 20° bewirkt, dass das Objektsystem um die im Weltsystem gedrehte X‘-Achse nach oben gedreht wird. Aus Z‘ wird Z‘‘ und aus Y‘ wird Y‘‘. (Hier nun sind X‘ und X‘‘ identisch.)

Anschließend drehen wir um einen Bank-Winkel von –45°. Diese Drehung bewirkt, dass das gedrehte Objektsystem um die Z‘‘-Achse gekippt wird. Aus X‘‘ wird X‘‘‘ und aus Y‘‘ wird Y‘‘‘. (Dieses Mal sind Z‘‘ und Z‘‘‘ identisch.)

Das Objekt hat nun die Lage 30/20/–45 durch aufeinanderfolgende Drehungen um H, P und B auf das jeweils schon gedrehte System erreicht. HPB dreht also weder um Objekt- noch um Weltachsen. dass Bank identisch mit der Rotation um eine Objektachse ist, ist reiner Zufall. Es gibt nämlich mehrere verschiedene Euler-Systeme, jedes mit einer anderen Drehreihenfolge.

Auch wir finden das alles ziemlich unpraktisch. Allerdings sind wir weder Sadisten noch Masochisten. Nein! Das Euler-System hat einen unschlagbaren Vorteil: Drehungen von Objekten sind weitgehend voneinander entkoppelt (was bei Drehungen um Objektachsen nicht der Fall ist). Heading beeinflusst Bank nicht, Bank Pitch nicht. Stellen Sie sich doch einmal vor, die X-Position eines Objektes würde immer auch die Y- und die Z-Position beeinflussen ... das wäre Sadismus!

An einem Beispiel wird das Entkoppelt-Sein deutlich:

Angenommen, Cinema 4D besäße keine Euler-Winkel. Stellen Sie sich nun einen Punkt auf der X-Achse in der Position 100/0/0 vor.

  1. Drehen Sie nun den Punkt um 90° um die Y-Achse. Er liegt dann genau auf der Z-Achse in 0/0/100. Anschließend drehen Sie weiter, diesmal um 30° um die X-Achse. Der Punkt liegt nun in der ZY-Ebene in 0/87/50.

  2. so weit, so gut! Nun aber vertauschen Sie die Drehreihenfolge:
    Der Punkt an 100/0/0 liegt nach einer Drehung um 30° um die X-Achse nach wie vor an der Stelle 100/0/0. Anschließend drehen Sie wieder um die Y-Achse um 90°. Der Punkt liegt nun am Ende der zweiten Drehung auf 0/0/100, mithin auf einer völlig anderen Position.

    Aufgrund der mathematischen Eigenschaften von Drehungen (Nicht-Abelsche Drehgruppen) ist die Reihenfolge bei Drehungen um die Objektachsen nicht beliebig. Dies führt zu sehr unliebsamen und unvorhersagbaren Reaktionsverhalten bei der Animation.

Dieses einfache Beispiel sollte klar gemacht haben, weshalb Cinema 4D auf das Euler-System nicht verzichten kann, will und wird. Wir können Ihnen aber versichern, dass Sie dieses System nach einer gewissen Einarbeitungszeit genauso sicher beherrschen wie alle anderen Funktionen.